Direkt zum Hauptinhalt

comPYner

Warum comPYner?

Wir benutzen SPIKE Legacy/v2 als Firmware für unseren Wettbewerbsroboter. Dies bringt viele Vorteile, aber auch einige Nachteile mit sich.

Eines der größten Probleme mit der offiziellen LEGO-Firmware ist, dass wir nur eine Datei hochladen können. Den Code tatsächlich in eine einzelne Datei zu schreiben, macht Wartung und Entwicklung sehr mühsam.

Bisher hatten wir die (inoffizielle) VSCode Extension für SPIKE Prime verwendet, und natürlich waren wir nicht die einzigen mit diesem Problem. So gab es zum Beispiel einen PR (#58) vom FLL-Team GreenSubMarine, indem die Funktion hinzugefügt wurde, mit from <file> import * den Inhalt von <file> an dieser Stelle einzufügen, sodass man den Code in mehrere Dateien aufteilen kann, die später zu einer einzelnen zusammengeflickt werden.

Während das die Situation bereits deutlich verbessert, wurden wir durch diesen PR dazu angeregt, das Ganze zu verbessern. Wer schon länger Python programmiert, weiß, dass ein Start-Import vermieden werden sollte, damit man Funktionen nicht überschreibt und keine Namespace-Pollution betreibt. Was wäre also, wenn wir die anderen Import-Typen ermöglichen?

Wie funktioniert comPYner?

ComPYner zu Entwickeln hat mehrere Ansätze gebraucht. Die meisten haben in CPython wunderbar funktioniert, allerdings nicht auf dem Prime Hub.

Wir schauen uns die verschiedenen Wege an diesem Beispiel an:

# module.py

def greet(name: str):
    print("Hello", name)

# main.py
import module

module.greet("comPYner")

1. Funktionen

Eine Idee war es, den Inhalt jeder importierten Datei in eine Funktion zu schreiben. diese würde dann locals() zurückgeben. So könnte man dann zum importieren die Funktion aufrufen und das Ergebnis in einer Variable speichern. So würde das obenstehende Beispiel umgewandelt werden.

def _import_module():
  def greet(name):
      print("Hello", name)

  return locals()

def _import_main():
  module = module()
  module.greet("comPYner")

_import_main()

Sowohl in der Theorie, als auch in CPython funktioniert das — jedoch nicht in Micropython. In Micropython gibt locals() immer {} zurück, da die Namen lokaler Variablen nicht gespeichert werden.

2. Zurücksetzen des globalen Namespace

Weiterhin war eine Überlegung, jede Datei hintereinander zu schreiben, globals() zu speichern und danach alle Variablen in globals() zu löschen. Das hätte so ausgesehen:

_modules = {}

def greet(name):
    print("Hello", name)

_module = globals()
for key in _module:
    if _key == "_modules":
        continue
    delete globals()[key]

_modules["module"] = _module

module = module()
module.greet("comPYner")

_module = globals()
for key in _module:
    if _key == "_modules":
        continue
    delete globals()[key]

_modules["main"] = _module

Dieser Ansatz funktioniert jedoch nicht einmal in CPython, da alle globalen Variablen einer jeden Datei nur beim initialisieren verfügbar sind. Zu dem Zeitpunkt, wo greet() aufgerufen wird, sind alle anderen Variablen in module.py bereits gelöscht. Würde greet() z.B. eine andere Funktion aufrufen, die ebenfalls in module.py liegt, wäre diese zum Zeitpunkt des Aufrufs bereits gelöscht und nurnoch unter _modules["module"][name] zu finden.

3. Folgende Versuche

Darauffolgende Versuche waren darauf konzentriert, die Probleme von 2. zu lösen, ohne viel grundlegend zu ändern. Das Problem war hier, das es mit solchen halbherzigen Lösungen wie in Funktionen globale Variablen durch etwas wie _modules["module"][name] auszutauschen sehr schwierig ist das Verhalten von CPython zu reproduzieren. Es gab hier viele Probleme, auf die ich jedoch nicht weiter eingehe.

4. Wie es jetzt funktioniert

ComPYner erstellt für jedes Modul ein Dictionary, auf dessen Werte mit Punkten zugegriffen werden kann.

class c_Module(dict):
    def __init__(self, name=None):
        super().__init__()
        self['__name__'] = name

    def __getattr__(self, key):
        return self[key]

    def __setattr__(self, key, value):
        self[key] = value

    def __delattr__(self, key):
        del self[key]

    def __repr__(self) -> str:
        return '<Module %s (comPyned)>' % self.get('__name__', 'unknown')

c_module_module = c_Module("module")

Dann werden mithilfe von ast alle globalen Variablen im Modul ermittelt. Globale Variablen werden dabei an diesen Merkmalen erkannt:

  1. Eine globale Variable wird definiert.
  2. Eine Variable wird mit dem global Keyword verwendet.
  3. Eine Funktion wird auf äußerster Ebene definiert.
  4. Eine Klasse wird auf äußerster Ebene deklariert.

Als nächstes wird vor alle Verwendungen der gefundenen globalen Variablen ein c_module_module (je nach Name des Moduls) gesetzt. Bei der Definition von Funktionen und Klassen wird die Klasse mit einem temporären Namen definiert, im Modul gespeichert, und dann wieder aus dem globalen Namespace gelöscht. Das sieht für unser greet() z.B. so aus:

def c_func_greet(name):
    print("Hello", name)

c_module_module.greet = c_func_greet
delete c_func_greet

Zusätzliche Features

Nachdem wir jetzt bereits einen Schritt hinzugefügt haben, der einen "Umwandler" benötigt, können wir doch noch ein paar tolle Features hinzufügen, oder?

RAM sparen

Der Prime Hub hat echt nicht viel Memory, vorallem da das Programm beim Ausführen selbst auch noch im RAM liegt.
Wir wollen aber möglicht viel Code draufkriegen. Was können wir machen, um RAM zu sparen?

Wir wissen ja bereits, dass Namen von globalen Variablen gespeichert werden .(Aufgrund des Programm-im-RAM-Dings sogar doppelt.) Also machen wir die Namen einfach möglichst kurz. Statt Module und temporäre Variablen für Funktionen und Klassen c_module_compyned_polyfill_typing zu nennen, können wir doch einfach c_8Zzi nehmen, und schon haben wir 27B gespart. Das ist natürlich erstmal nicht viel, aber bei sehr großen Programmen macht das schon etwas aus. Wir sparen in unserem Wettbewerbsprogramm 2,5kB nur an kompilierter Datei (.mpy), was die globalen Variablen selbst ja noch gar nicht einschließt.

Typing und Polyfills

Um in unserem Programm problemlos Typehints benutzen zu können, entfernt comPYner diese. So können wir, was typing angeht, Python 3.13 Features benutzen, welche der Hub an sich gar nicht unterstützt.

Außerdem haben wir die Option hinzugefügt mithilfe von Polyfills CPython-Funktionen in Micropython nutzen zu können.

# src/compyned_polyfills/enum.py
Enum = object

# src/compyned_polyfills/abc.py
# (C) pycopy-lib
class ABCMeta:
    pass

class ABC:
    pass

def abstractmethod(f):
    return f

comPYner sucht für jedes importierte Modul zuerst nach einem, welches compyned_polyfill.name heißt. Ist es vorhanden, wird es statt dem Original verwendet.

Debugging-Unterstützung

Durch unsere "Behandlung" ist der Code jetzt natürlich komplett durcheinander. Woher soll man Wissen, was in der zusammengefügten Datei in Zeile 798 steht?

Daher haben wir folgendes hinzugefügt: comPYner fügt vor jeder Codezeile ##file_path:line_no## ein. Wenn ein Fehler auftritt kann man entweder in der .cpyd.py Datei nachsehen, woher die Codezeile kommt, oder es mit compyner.engine.get_lineno_map(module).get(798, "unknown") programmatisch herausfinden. Das benutzen wir auch in spike-prime-connect, wo wir Fehlermehldungen automatisch umwandeln.